Das Sinfonieorchester Magdeburger
Musikfreunde unter seinem Dirigenten Gero Wiest musizierte bereits zum fünften Mal in der Schönebecker St.-Jacobi-Kirche. Diesmal stand das Konzert unter dem Titel Reformation.
Trotz der Sommerhitze waren knapp einhundert Konzertbesucher in die St.-Jacobi-Kirche Schönebeck bekommen und fanden dort nicht nur angenehme Temperaturen, sondern vor allem ein großartiges Konzerterlebnis. Das
Sinfonieorchester Magdeburger Musikfreunde schaffte es in seinem Konzert,
sowohl dem Telemann- als auch dem Reformationsjahr gerecht zu werden und dabei doch abseits der all zu bekannten Musik zu bleiben. Bereits
das erste Stück, Georg Philipp Telemanns (1681 – 1767) Kantate „Sey tausendmal willkommen“
war Musik zu einem Text von Martin Luther – und wurde 1730 zum 200. Jahrestag
der Augsburger Konfession komponiert und erst vor wenigen Jahren vom Magdeburger Telemann-Zentrum wieder entdeckt. „Eine Verlegenheitskomposition von Telemann“, erklärte Dirigent Gero Wiest.
„Telemann musste Musik in den fünf Hamburger Hauptkirchen aufführen, hatte aber
nicht genug Musiker – da schrieb er diese Kantate“. So lag Telemanns
Schwerpunkt auf dem Gesang, den die Sopranistin Elisabeth Göckeritz
hervorragend interpretierte.
Eine Überraschung für die Konzertbesucher war dann die Fest-Ouvertüre von Otto Nicolai (1810 – 1849). Den Komponisten bringt man vor allem mit den „Lustigen Weibern von Windsor“ in Verbindung. Hier jedoch verarbeitete er, der seine wahre Bestimmung in der Kirchenmusik sah, Bach’s Choral „Eine feste Burg ist unser Gott“, nahm die alten und wohlbekannten Melodien und machte daraus eine feierliche Musik. Und das mit vollem Orchesterklang, ein Luther-Fest für die Ohren. Die Komposition gab dann auch den Ausschlag für König Friedrich Wilhelm IV., Nicolai als Kapellmeister an den preußischen Hof nach Berlin zu holen.
Das Orchester nimmt sich regelmäßig Aufführungen moderner Stücke vor. Diesmal war es eine Komposition des eigenen Dirigenten. Gero Wiest (*1976) stellte sich der Herausforderung, Musik zum Reformationsjubiläum zu schreiben. Seine „Fantasia Lutheriana“ konnte man sich gut als musikalische Illustration von Luthers Leben vorstellen, selbst das Gewitter, in das Luther als Student geriet und das ihn dazu brachte, Mönch zu werden, war dabei zu hören. Heftige Töne von Schlagzeug und Bläsern sorgten für den Donner. Wiests Komposition ist ein Tongemälde, das mit komplizierten Strukturen Spannung erzeugt, aber den Zuhörer auch durch Zitate aus bekannten Chorälen (auch hier wieder die „Feste Burg“) vertraute Melodien liefert. Eine Musik, in der die Widersprüche und Zweifel aus Luthers Leben musikalischen Ausdruck finden – zuletzt im furiosen Finale, mit tiefen Posaunen und kräftigem Schlagzeug. Vielleicht ist es gewagt, solche Musik aufzuführen. Aber wie schon Luther sagte: "Ich stehe hier und kann nicht anders", so muß wohl auch Gero Wiest gedacht haben. "Ich brauchte etwas zwischen den großen romantischen Stücken", sagte er, "und da mußte ich selbst etwas schreiben, mußte dieser Kontrast im Programm sein". Und siehe da, es war gut. Es machte Spaß, sich den musikalischen Gedanken hinzugeben, eigene Assoziationen zu suchen.
Die darauf folgende Ouvertüre von Joachim Raff (1822 – 1882) "Ein' feste Burg ist unser Gott", auf ein ungenanntes dramatisches Ereignis aus dem 30jährigen Krieg geschrieben, war dann auch nochmal ein klanggewaltiges Stück. Dramatisch auch hier vorhanden: Bachs immer präsentes Choralthema, daneben auch noch weitere Choräle. Raffs Ouvertüre gilt als eines der besten Orchesterwerke über "Ein' feste Burg".
Für die Musiker ist nun erstmal Zeit zum Ausruhen: "Es war ein schönes Konzert", sagte Gero Wiest im Anschluß, "und jetzt ist erst mal Sommerpause. Aber danach fangen wir an, Liszt zu proben".
Das Orchester, in dem sich vor allem Laienmusiker zusammenfinden, wird seit 8 Jahren von der Schönebecker Softwarefirma Socialmap unterstützt. Wie Geschäftsführer Dirk Bartens erklärte, können so die Eintrittsgelder des Konzertes an eine soziale Einrichtung gespendet werden.
Danke für die schöne Konzert-Rezension!
AntwortenLöschenUns machen die Konzerte in der wohlklingenden Schönebecker St.-Jakobi-Kirche immer riesigen Spaß.
(Martin Kunert, Vorsitzender des Orchestervorstandes)